Muskelschwäche
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Lambert-Eaton Syndrom, Lambert – Eaton - Myasthenisches Syndrom, LEMS, LES,
Lambert-Eaton Myasthenic Syndrome, Eaton-Lambert-Syndrom(e),
Myasthenic Syndrome Lambert Eaton, ICD-10 G73.1 (C80+) und verwandte Störungen.
        

  

   

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Zweimalige Geburt einer (!) Mutter mit LEMS
Freya Matthiessen 07. Aug. 2007

Quelle: M. Vinke, H. Lehnen: Zweimalige komplikationslose Schwangerschaft und Geburt bei langjährig bestehendem autoimmunen Lambert-Eaton myasthenen Syndrom. Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2007;67:367-369.

Damit sind jetzt 4 Geburten von 3 Müttern mit LEMS bekannt.

Fallbericht:

Die Autoren, die Assistenzärztin M. Vinke und Chefarzt Dr. med. Lehnen, berichten über eine 36jährige Frau, die seit dem 11. Lebensjahr bis zur Diagnose „LEMS“ u.a. unter zunehmender belastungsabhängiger Beinschwäche, Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden und wiederkehrenden Herzrhythmusstörungen litt. Weitere Vorerkrankungen waren: allergisches Asthma bronchiale und Erkrankungen die (m. E.) vermutlich mit Anorexia nervosa, eine Form von Magersucht, zusammenhängen.

Als Frau W. 26 Jahre alt war (also ca. 15 Jahre nach Auftreten der Symptome) wurde die Diagnose Lambert-Eaton Myasthenisches Syndrom gestellt: autoimmun bedingt, jedoch ohne feststellbare Antikörper und nicht paraneoplastisch, d.h. ein Tumor wurde nicht gefunden. Der Untersuchungsverlauf wird dankenswerterweise ausführlich beschrieben: Verdachtsdiagnosen waren zunächst - je nach Stand der Diagnose und diagnostischer Mittel - axonale Polyneuropathie und Myopathie, Eine Muskelbiopsie ergab das Bild einer Typ 2-Muskelfaseratrophie, ein Befund, der keinen Rückschluss auf eine bestimmte Erkrankung zulässt. Ein Therapieversuch mit Steroiden (nicht näher benannt, wahrscheinlich Kortikosteroide) über vier Monate bewirkte keine klinisch messbare wesentliche Besserung.

Das LEMS wird aus praktischen Gründen zu den Muskelerkrankungen gezählt, aber der Muskel selbst ist ja nicht erkrankt. So zeigten auch die Muskeln der Patientin keine entsprechenden Auffälligkeiten. Es fielen schließlich jedoch die in die typische LEMS-Symptomatik einzuordnenden „allseits erloschenen Muskeleigenreflexe auf, welche jedoch nach kurzer maximaler Anspannung der entsprechenden Muskulatur ...mittellebhaft auslösbar waren.“ Der elektromyographische Befund sicherte dann die Diagnose „LEMS“.

Die Patientin wurde erfolgreich mit 3,4-Diaminopyridin (3,4-DAP) und Pyridostigmin (sicherlich Kalymin oder Mestinon) therapiert, so dass ihre Beschwerden im Alltag nicht mehr relevant waren.

2004 brachte die Patientin nach komplikationsloser Schwangerschaft ihr erstes Kind zur Welt. Bei 10 – 20 % der Kinder von Müttern mit Myasthenia gravis tritt nach der Geburt vorübergehend eine intensivmedizinisch zu überwachende Muskelschwäche auf. Kurz nach der Geburt zeigte auch das Kind der LEMS-Mutter vergleichbare Symptome, die entsprechend gedeutet und überwacht wurden. „Da aber auch eine kindliche Infektion nicht ausgeschlossen werden konnte, erfolgte eine antibiotische Therapie für zehn Tage. Darunter kam es bei dem Säugling allmählich [7 Tage nach der Geburt] zu einer Besserung der Symptomatik.“ Im Bricht steht leider nicht, welches Antibiotikum verwendet wurde.

Die zweite Schwangerschaft (2006) verlief im Prinzip komplikationslos. Zum errechneten Termin brachte die Patientin ein „zu jedem Zeitpunkt unauffälliges Kind zur Welt“.

Dr. Lehnen teilte mir auf Anfrage mit: „Spezielle biochemische Marker aus dem Nabelschnurblut wurden nicht analysiert.“ Schade eigentlich.

 

Diskussion 

Die Autoren beschreiben, fast könnte man sagen, „liebevoll“ die Geschichte ihrer Patientin, Frau W.

Ich bin allerdings nicht damit einverstanden, wie die im Anhang aufgeführte Fachliteratur zum Thema LEMS hinsichtlich der Prognose bei LEMS interpretiert wird. 

Vinke/Lehnen: „Die Prognose der Patienten mit nicht paraneoplastischem LEMS ist sehr gut, obwohl die Mehrheit der Patienten eine signifikante Dosierung der symptomatischen bzw. immunsuppressiven Therapie benötigt um klinisch stabil zu bleiben.“ 

Bei den entsprechenden Autoren P. Maddison et.al., auf die sich Vinke/Lehnen (zwar nicht ausdrücklich – s. jedoch Lit.- Anhang)) beziehen, bedeutet „favourable“ nach meinen Recherchen etwa „vergleichsweise günstig“. Das wird deutlich, wenn man eine weitere Arbeit vom „Oxford-Team“ (die nicht im Literaturanhang des Fallberichts steht) auswertet:

Maddison P. Newsom-Davis J. et. al.: Fabourable prognosis in Lambert-Eaton myasthenic syndrome and small-cell lung cancer. Lancet 1999 Jan 9;353(9147):117-8.

Die Autoren (Oxford-Team) stellen anhand einer kleinen Studie fest, dass die Überlebenszeit beim kleinzelligen Lungenkrebs (SCLC) länger ist, wenn der Krebs als paraneoplastische Form des LEMS (mit den LEMS-typischen Antikörpern (Abwehr gegen SCLC?) auftritt – d. h. die Prognose ist günstiger, als bei SCLC ohne LEMS. 

Die Längere Überlebenszeit-Prognose bei SCLC würde man wohl kaum als „sehr gut“ bezeichnen können, doch auch in diesem Fall verwendet das Oxford-Team den Begriff „favourable“. „Favourable“ bedeutet nach meinem Verständnis in den entsprechenden Arbeiten: „vergleichsweise günstig(er)“.

FAZIT:
Die Überlebensprognose bei LEMS ohne SCLC ist natürlich entschieden günstiger als bei LEMS mit SCLC. Allerdings sind die Aussichten wohl kaum als „sehr gut“ zu werten. Im Gegensatz zu den Autoren Vinke/Lehnen erläutern die Oxford-Autoren, was sie unter „favourable“ verstehen und zählen schwere Behinderungen und Todesfälle auf, die in der Studie belegt sind.

Freya Matthiessen
PF 2229
37012 Göttingen
     

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